Wir sind mehr als Liebe - Curley

Zusammen mit ihrem besten Freund Roy teilt Curley sich eine Wohnung in Philadelphia. Eigentlich könnte ihr Leben nicht perfekter sein, wäre da nicht Daniela, das Perlenketten tragende Monster. Roys neue Freundin macht Curley das Leben zur Hölle. Um nicht länger das fünfte Rad am Wagen zu sein, begibt sie sich auf die Suche nach der eigenen großen Liebe und erkennt beinahe zu spät, wonach sie sich wirklich sehnt.

"Wir sind mehr als Liebe" ist ein humorvoller Liebesroman, der von witzigen Begegnungen, echter Freundschaft und den kleinen und großen Problemen in Curleys Leben erzählt.

 

Leseprobe:

1. Durchs Leben stolpern … kann ich

 

 

 

Mein Abend hätte ziemlich perfekt sein können. Mein bester Freund und ich auf Kneipentour.

Ich bin Curley, gerade 29 geworden und zugegebenermaßen ein klein wenig verrückt. Vielleicht liegt es aber auch einfach nur an meiner Gesellschaft, die mich zu dem gemacht hat, was ich bin.

Zumindest haben Roy, Damien, Riaz und Elyas einen großen Anteil daran. Immerhin sind wir seit dem Sandkasten miteinander befreundet.

Damals haben wir alle in derselben Straße gewohnt, heute liegen einige Häuserblocks zwischen Roys und meiner WG und der WG der anderen Jungs.

Eine Wohnung mit genug Zimmern für uns alle, wie wir es uns immer gewünscht haben, wäre mitten in Philadelphia einfach nicht bezahlbar gewesen.

Heute hatten die anderen drei keine Lust auszugehen, also bin ich allein mit meinem besten Freund unterwegs.

Aber leider sind es nicht nur Roy und ich, sondern auch Daniela, die neue Freundin meines besten Freundes, die sich immer für etwas Besseres hält.

Ich hasse sie. Wirklich! Nicht nur, weil sie mit Roy zusammen ist, wobei das schon Grund genug wäre.

Nein, ich hasse sie, weil sie fünf Jahre jünger ist als ich und mir trotzdem ständig erzählt, wie unreif ich sei und dass ich endlich einmal erwachsen werden müsse.

Just in diesem Moment tut sie es schon wieder und versaut mir damit meinen perfekten Freitagabend. Was zum Teufel Roy an ihr findet, verstehe ich nicht.

Roy ist wie ich. Ende Zwanzig, verrückt und zumindest im Kopf eher Anfang Zwanzig. Also das genaue Gegenteil von Daniela.

Bis Miss Perlenkette Daniela aufgetaucht ist, waren Roy und ich ein eingespieltes Team.

Schon von klein auf. Roy und ich gegen den Rest der Welt.

Wir haben alles geteilt.

Den Sandkasten, die Schulbank, den Studiengang, unsere Wohnung … und auch wenn das niemand versteht: Ja, Roy und ich haben auch das Bett miteinander geteilt.

Nicht sexuell versteht sich. Immerhin sind wir kein Paar, sondern nur beste Freunde.

Aber es ist einfach ein tolles Gefühl, wenn man jemanden hat, an dessen Schulter man sich kuscheln kann.

Also eigentlich war alles perfekt, bis sie aufgetaucht ist und alles kaputt gemacht hat.

Plötzlich ist Roy verliebt und wirft mich kurzerhand aus seinem Bett, um Platz für Daniela zu schaffen.

Immerhin nicht aus der Wohnung, wobei ich schon ein wenig Sorge habe, dass das irgendwann soweit kommen könnte.

Die beiden sind jetzt seit drei Monaten zusammen und sie wohnt quasi bei uns. Was übrigens ein schleichender Prozess war, den ich sehr wohl mitbekommen habe.

Erst war es nur ihr Duschgel, das in unserem Bad stand, und nun schleppt sie nach und nach ihren Hausstand an.

Ich habe versucht, Roy zu warnen, aber er ist der Meinung, ich bilde mir das nur ein.

Sie bräuchte eben ein paar Sachen bei uns, damit sie nicht ständig in ihre Wohnung fahren musste.

Ich meine: Hallo?? Nicht mehr in ihre eigene Wohnung zu fahren, impliziert doch, dass sie gerade dabei ist, bei uns einzuziehen!

Ganz davon abgesehen, dass sie unser wirklich perfektes Chaos heimlich strukturiert.

Im Gegensatz zu Roy habe ich nämlich sofort mitbekommen, dass unsere Teesorten jetzt alphabethisch sortiert sind.

Daniela ist immer so verdammt perfekt. Zu jeder Tages- und Nachtzeit.

Irgendwie ist es unheimlich, wenn ich am Morgen total verstrubbelt in ausgewaschen Sachen in die Küche tappe und sie schon perfekt gestylt, inklusive dieser gruseligen Perlenkette, am Frühstückstisch sitzt.

Und sie liest Zeitung. Eine Richtige, aus Papier mit schwarzer Tinte und wichtigen Themen, die sie abonniert hat und sich mittlerweile schon in unsere Wohnung liefern lässt. Ein weiterer Teil meiner Beweisführung im Fall "Der geheime Einzug der Daniela Cotton", den Roy geflissentlich ignoriert.

An das Umstellen der Aboadresse hat sie ziemlich schnell gedacht.

Etwas, worüber sie sich keine Gedanken zu machen scheint, ist, dass diese Papierberge, für die unzählige Bäume sterben mussten, irgendwie auch wieder aus unserer Wohnung verschwinden müssen.

Spätestens als ihre erste offizielle Post in unserem Briefkasten gelandet war, hätte Roy aufwachen müssen.

Ist er aber nicht. Und genau deshalb versaut mir Miss Perlenkette jetzt meinen wohlverdienten Feierabenddrink.

"Wenn ihr beruflich weiterkommen wollt, könnt ihr eure Abende nicht damit verbringen, in irgendwelchen Bars rumzuhängen", sagt sie und rümpft pikiert die Nase, als ich mit meiner Bierflasche gegen Roys stoße.

Dieser sieht mich an, als hätte ich ihn tief aus seinen Gedanken gerissen.

Vielleicht ist das die Art, wie er Daniela ertragen kann. Er hört ihr einfach nicht zu.

Manchmal frage ich mich, ob Roy Daniela wirklich mag, oder sie einfach nur erträgt, um Sex mit ihr haben zu können.

Leider muss ich diesen Gedanken verwerfen, so steif wie sie ist, gibt es bei ihr sicher nur Blümchensex. Wobei … stille Wasser sind tief, oder wie war das?

Als sie zum gefühlt eintausendsten Mal dazu ansetzt, mir einen Vortrag darüber zu halten, wie abstoßend Frauen sind, die Bier trinken, knalle ich meine Flasche auf den Holztisch und stehe auf.

"Ich muss mal für Prinzessinnen", sage ich und ignoriere sowohl Roys Stirnrunzeln als auch Danielas Naserümpfen.

Schnell schiebe ich mich durch die Menge in Richtung der Toiletten. Manchmal ist Flucht die einzige Lösung.

Ein bisschen schummrig ist mir vom Alkohol. Ich hätte doch etwas essen sollen, bevor ich mich mit Daniela in eine Bar wage, wo ich doch genau weiß, dass sie mich dazu veranlasst, mehr als ein Bier zu trinken.

Plötzlich stolpere ich gegen eine breite Brust und muss mich an dem Shirt festklammern, um nicht aus dem Gleichgewicht zu kommen. Besagte Brust fühlt sich gut an unter meinen Händen.

Und sie riecht auch gut. Jean Paul Gaultier Le Male, wenn mich nicht alles täuscht.

Es ist einer dieser Düfte, denen ich wirklich nur schwer wiederstehen kann.

Deshalb hat Roy ihn auch von mir zu Weihnachten bekommen.

Leider trägt er ihn nicht mehr auf, weil er es komisch findet, wenn ich ständig an ihm schnuppere.

Sensibelchen!

 

"Hoppla", sagt eine dunkle Stimme, auch diese gefällt mir, also lasse ich meinen Blick nach oben wandern.

Das Shirt lasse ich dabei nicht los, so eine Brust kann man schließlich nicht alle Tage berühren.

Meinem Enthusiasmus folgt ein wenig Ernüchterung.

Zwei wirklich schöne haselnussbraune Augen blicken freundlich auf mich hinab. Seine Nase ist gerade und die Lippen sehen weich aus.

Nur der viel zu lange Zottelbart, der sein schönes Gesicht verschandelt, gefällt mir so gar nicht.

Aufgrund all der anderen Vorzüge entschließe ich mich, es einfach wie bei den Büchern zu machen, in denen die Männer mit Schnurrbärten beschrieben werden. Ich denke ihn mir einfach weg.

Ergebnis: Hübscher Mann, so ohne Bart.

Ob ich ihm das sagen sollte?

Besser nicht, ich will heute noch jemanden küssen und er hier scheint durchaus ein Kandidat zu sein.

Warum ich das unbedingt will?

Ich weiß nicht, wenn man immer allein ist, will man zwischendurch zumindest die Illusion von Zweisamkeit.

In One-Night-Stands bin ich eine absolute Niete … was vor allem daran liegen könnte, dass ich es nie mitbekomme, wenn jemand mit mir flirtet.

Derjenige, der das vorhat, möge bitte ein Neonschild mit der Aufschrift "Ich flirte mit dir" hochhalten, dann würde ich auch darauf reagieren.

Mr. Zottelbart hat mittlerweile seinen Kopf schräg gelegt und sieht mich durchdringend an.

Da das meine einzige Chance für diesen Abend sein könnte, stelle ich mich kurzerhand auf die Zehenspitzen und drücke meine Lippen auf seine.

Erst ist er ganz starr und ich will mich schon peinlich berührt zurückziehen, doch dann legt er eine Hand in meinen Nacken und küsst mich zurück.

Das hat er drauf, muss man sagen.

Sowohl die Sache mit der Hand, als auch das, was seine Lippen mit meinen machen.

Mir wird warm und ich öffne meinen Mund, um zu erfahren, wie er schmeckt.

Gut, muss ich feststellen. Nach Rum und irgendeinem Saft.

Nur der Bart stört. Die langen Borsten pieken und reiben unangenehm an meinen Lippen. Ganz so leicht wie im Buch kann man ihn sich also doch nicht wegdenken.

Verdammt!

Naja, Versuch macht klug, oder wie war das?

Ich lasse mich also lieber wieder zurück auf meine Fersen sinken, lächle ihn freundlich an und sage: "Danke." Danach schiebe ich mich an ihm vorbei und setze meinen Gang durch den Club fort.

"Hey! Warte doch mal!", ruft der Zottelbart und läuft mir hinterher.

Ich hoffe, dass er keiner von diesen super anhänglichen Typen ist, sonst muss ich ihn leider doch zu einer Rasur überreden.

Jetzt mal ehrlich? Was soll das mit diesen Bärten? Es sieht nicht männlich, sondern schlicht unhygienisch aus.

Haare im Gesicht sind fast so schlimm wie Haare am Sack … Moment, Hoden.

Sack sagt man nicht, behauptet zumindest Daniela.

Blöde Kuh, wegen ihr laufe ich doch hier überhaupt erst rum und küsse wildfremde Menschen!

"Wie heißt du?", fragt der Bärtige und reißt mich damit aus meinen Gedanken.

"Curley."

Ja, leider heiße ich so. Wie meine Mutter mir das antun konnte, mir zu meinem braunen Lockenkopf auch noch diesen behämmerten Namen zu verpassen, werde ich garantiert nie verstehen.

Wahrscheinlich hat sie einfach einmal zu tief ins Glas geschaut und es dann für eine gute Idee gehalten, ihr Kind einfach ein wenig zu quälen.

Eigentlich mag ich mich selbst ganz gern. Ich bin bei weitem nicht perfekt, das weiß ich.

Also zumindest wenn man die Frauen in den Zeitschriften als Idealvorlage nimmt. So bin ich nicht. Ich bin mit meinen knappen 1,60 Metern zu klein dafür, mit meiner Kleidergröße 40 zu rund dafür und meine Haare sind zu wild, um in dieses Raster zu passen.

Mein Gesicht ist hübsch. Große, braune Augen, kleine Nase und volle Lippen. Riaz zieht mich immer wieder damit auf, wie niedlich ich aussehe. Manchmal ist das fast schon deprimierend. Der Bärtige hat im Moment genau den gleichen Gesichtsausdruck, wie Riaz ihn in solchen Momenten hat.

"Süß", sagt er dann auch noch und fügt hinzu: "Ich heiße Larry."

Echt? Wie putzig.

Verdammt, wenn ich jetzt ebenfalls süß sage, kommt das wahrscheinlich nicht so gut. Also beschränke ich mich lieber auf ein "Freut mich".

"Wo willst du denn so schnell hin?", fragt er und lächelt mich an.

Sein Lächeln ist süß, wenn ich das unter den vielen Zotteln richtig erkenne. Aber auch das zu sagen, verkneife ich mir lieber.

"Ich bin mit Freunden hier", antworte ich stattdessen wahrheitsgemäß.

Das scheint ihn an seine eigenen Freunde zu erinnern, die bestimmt auch irgendwo auf ihn warten, denn er verzieht das Gesicht, als hätte er auf eine Zitrone gebissen.

Gut so, zu guter Letzt wäre er sonst noch mit an unseren Tisch gekommen. Daniela zu erklären, wo ich diesen Typen aufgerissen habe, wäre auch nicht ganz so leicht gewesen.

"Wir könnten mal was zusammen trinken gehen", sagt er.

Der Bart stört, würde ich gern antworten, beherrsche mich aber und sage: "Klar, warum nicht."

Larry zieht sein Handy hervor. Marke: Schreibtischplatte, zumindest von der Größe her. Wie zum Teufel hat dieses riesige Ding in seiner Hose Platz?

Naja … wenn sonst nicht viel darin zu finden ist …

Ich verwerfe den Gedanken sofort, da er eine wirklich gruselige Bilderkette von Bärten und anderen haarigen Regionen mit sonst recht wenig Ausstattung nach sich zieht.

Ich sage Larry meine Nummer und werde dann von ihm mit einem Kuss auf die Wange verabschiedet.

Es kratzt, aber das kratzt mich wiederum nicht, da Larry jetzt weg ist und jemand anderen mit seinem Bart kratzen kann.

Genervt gehe ich zur Bar und bestelle mir einen Rum.

Larry hat mich auf den Geschmack gebracht und ich würde etwas Stärkeres brauchen, um die Besserwisserin Daniela heute noch länger zu ertragen.

Den ersten Rum mit Cola trinke ich sofort an der Bar.

Wenn ich zurück zum Tisch gehe und mir kurze Zeit später noch einen hole, muss ich Danielas Vorträge ertragen.

Nein, danke, heute nicht.

Den zweiten nehme ich mit zum Tisch und stelle mich dann den endlosen Tiraden des Perlenmonsters.